Unter der Fürsorge von Jacek
Die nahezu achtzig tausend Einwohner zählende Stadt erhielt die Stadtrechte 1547. Ihr aktuelles Aussehen verdankt sie in großem Maße den Änderungen, die Aleksandra von Czartoryski Ogińska im 18. Jhdt. eingeführt hat. Die Eigentümerin von Siedlce scheute nicht an Mühe, um es in eine Modellstadt seiner Epoche zu verwandeln. Ein wichtiges Element der Stadtplanung ist der Palast-Park. Der gemauerte Palast, der vor dem Jahr 1730 erbaut wurde auf Befehl von Kazimierz Czartoryski, ersetzte einen früheren hölzernen Hof. In den Jahren 1779–1781 wurde das Gebäude auf Anweisung von Aleksandra Ogińska von Grund auf umgebaut. Der Architekt Stanisław Zawadzki verlieh dem Palast klassizistische Eigenschaften. In der hervorragenden Residenz waren unter anderem der König Stanislaus August Poniatowski, der Poet Julian Ursyn Niemcewicz sowie Tadeusz Kościuszko zu Gast. Einen Teil der Palastanlage stellt die freistehende Kapelle dar, die 1791 nach einem Projekt von Zygmunt Vogel erbaut wurde. Das klassizistische, achtseitige Bauwerk wird von Säulengängen mit toskanischen Säulen geschmückt. Hier wurde die Herzogin Ogińska begraben.
Aleksandra Ogińska fehlte es weder an Vorstellungskraft noch an Schwung; auf ihre Anweisung hin wurde der Landschaftspark, der den Palast umgibt, in einen hervorragenden sentimentalen Garten umgewandelt. Die wild wachsenden Wäldchen, Haine und Blumenbeete wurden von einem Netz sich windender kleiner Wege und malerischer Kanäle durchzogen. Auf dem Gelände des Parks wurden zahlreiche Altäre aufgestellt, sowie ein Fischerhäuschen, eine Moschee und Orangerie. Der heutige Stadtpark, wenngleich wunderschön, ist nur ein Schatten des Gartens der Herzogin zu Zeiten seiner Herrlichkeit.
Bei der Straße ul. Piłsudskiego befindet sich der Alte Marktplatz. Das bei ihm stehende spätbarocke Rathaus wurde in den Jahren 1766–72 auf Anweisung von Aleksandra Ogińska erbaut. Ein charakteristisches Merkmal des Bauwerks ist der massive, achtseitige Turm, der mit einer Figur des Atlas, der den Weltglobus trägt, gekrönt. Die Einwohner von Siedlce nennen ihn „Jacek“ und erachten diesen als Symbol der Stadt. Im Gebäude befindet sich das Regionale Museum. Bei den hier präsentierten Ausstellungen kann man die Geschichte und Kultur Podlachiens kennenlernen. Das Museum organisiert auch viele interessante Veranstaltungen, unter anderem den Wettbewerb „Tradycje wielkanocne” (dt. Ostertraditionen; am Samstag vor Palmsonntag) und den Adventwettbewerb des Ligawkaspiels (Dezember). Sehr feierlich werden auch die Feiern zum Unabhängigkeitstag vom Museum organisiert (erster Sonntag nach dem 11. November).
Bei der Straße ul. Floriańska befindet sich die Kirche des hl. Stanislaus, die älteste gemauerte Kirche in Siedlce. Das barocke Bauwerk wurde in den Jahren 1740–49 aus der Stiftung von Izabela und Kazimierz Czartoryski erbaut. 1793 baute der Architekt Stanisław Zawadzki die Fassade im klassizistischen Stil um. Im Presbyterium der Kirche sind die Abbilder der vier Evangelisten aus der Sammlung der Ossolińskis beachtenswert. In den Seitenaltären kann man aus dem 18. Jahrhundert stammende Gemälde von Szymon Czechowicz bewundern. Neben der Kirche befindet sich eine beeindruckende, spätbarocke Pfarre.
Dem Anschein zum Trotz sind nicht alle Sehenswürdigkeiten in Siedlce mit der Person der Herzogin Aleksandra Ogińska verbunden. Die mit ihren Ausmaßen beeindruckende Kathedrale wurde in den Jahren 1905–1912 erbaut. Der Projektant der neogotischen Kirche mit zwei Türmen von je 75 m Höhe war der Gouvernementsarchitekt Zygmunt Zdański. Außer ihrer Größe zeichnet sich die Kirche auch durch die bunten Glasfenster aus.
Gegenüber der Kathedrale befindet sich das Museum der Diözese. Die hiesige Sakralkunstsammlung ist nicht nur groß, sondern auch sehr vielfältig. Ihr besonderer Schatz ist das polenweit einzige Gemälde von El Greco. Die Leinwand, die die Ekstase des hl. Franziskus darstellt, wurde während der Inventarisierung der Kirchengegenstände in Kosów Lacki.
Siedlce sind zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert, aber vor allem im Mai blüht hier das belebte kulturelle Leben. Zahlreiche Konzerte, Sportwettbewerbe, Ausstellungen und Filmvorstellungen finden im Rahmen von zwei Veranstaltungen statt – der Siedlcer Tage und der Studententage, die hier „Jackonalia” genannt werden.
Muzeum Regionalne (Regionales Museum), ul. Piłsudskiego 1, Tel. (25) 632 74 70, fax (25) 632 42 24, www.muzeumsiedlce.art.pl
Muzeum Diecezjalne (Diözesan-Museum), ul. bpa I. Świrskiego 56, Tel. (25) 644 98 65,