Ca. 27 km in Richtung Südwesten von Warschau.
Das Haus von Anna und Jaroslaw Iwaszkiewicz ist gegenwärtig ein Museum und Treffpunkt für Menschen der Kultur. Es ist ein Haus, in dem man noch die Atmosphäre der schöpferischen Tätigkeit seiner ehemaligen Besitzer verspüren kann. Stawisko war für über ein halbes Jahrhundert das Zentrum der Welt von Jaroslaw Iwaszkiewicz. Hier setzte er seine Lebenspläne in Wirklichkeit um. In diesem Haus sind seine Töchter und seine Enkelkinder großgezogen worden. Hier wohnten seine Schwester, seine Tanten, seine Gehilfen, arme Verwandte, Gäste und letzten Endes auch die Flüchtlinge in der Besatzungszeit. Hätte man die 50-jährige Geschichte dieses Hauses niedergeschrieben, wäre sie ein repräsentativer und geraumer Teil der Geschichte der modernen Kultur Polens. Heute befindet sich hier ein Museum, aber… man verspürt noch den eigentümlichen Charakter dieser „Behausung“, wie sein Besitzer das Haus einmal mit sarmatischer Bescheidenheit genannt hat.
Geschichte
Anna und Jaroslaw Iwasykiewicz nannten „Stawisko“ ein in der Nähe von Podkowa Leśna gelegenes Haus, das früher zu den Landgütern von Annas Vater, Stanisław Wilhelm Lilpop, gehört hatte. Das Haus in Stawisko wurde 1928, im Herzen eines Gutshofes (über 45 ha) erbaut. Es war – bis zum Tode Jaroslaws 1980 – das Besitztum von Iwaszkiewicz-Familie. So schrieb Jaroslaw selbst über sein Haus in Stawisko: Seit 40 Jahren ist mir das Haus eine Zuflucht und ein Unterschlupf für andere. Zwar fällt es einem schwer - vor allem in den heutigen Zeiten - ein so großes Haus instand zu halten, seine Belegschaft zu entlohnen, es zu heizen, aber die Lage des Hauses, seine Abgeschiedenheit, der Wald, der es umgibt und die ganze Schönheit der masowischen Landschaft machen das Ganze wieder gut. Das Schicksal des Hauses war untrennbar mit dem Schicksal seiner Besitzer verbunden. Anna – eine außerordentlich empfindliche Person auf die Kunst, vor allem auf Literatur; kannte sich gut in Musik aus. Sie entstammte einer vermögenden Industriellenfamilie, die hierher aus Graz in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gekommen war. Jaroslaw entstammte einer Adelsfamilie, die hierher aus der Ukraine gekommen war. Er war ein Dichter, Schriftsteller, Dramaturg, Essayist und Übersetzer. Er war ein Mitbegründer der Dichtergruppe „Skamander“, bei der J. Tuwim, J. Lechoń, A. Słonimski, K. Wierzyński tätig waren. Ein Jahr nach der Heirat mit Anna (1923) wurde er ein Sekretär des Sejmmarschalls M. Rataj. In den Jahren 1932–1935 war er ein Sekretär der polnischen Botschaft in Dänemark.
In der Vorkriegszeit war das Haus in Stawisko ein Treffpunkt nicht nur für die Personen um die Skamander-Gruppe. Zu Gast waren hier auch u. a. S. Baliński und K. Szymanowski. Es war die Zeit, als Jarosław Iwaszkiewicz seine besten Erzählungen Brzeziny [Birkenwälder], Panny z Wilka [Fräulein aus Wilk] und seinen besten Gedichtband Lato 1932 [Sommer 1932] geschrieben hat. Eine schöne Zeit war für das Haus in Stawisko die Okkupationszeit 1939-1945. Hier fanden damals zahlreiche Flüchtlinge aus Warschau Unterschlupf. Hier wohnten eine Zeit u. a. Cz. Miłosz, S. Dygat, K. K. Baczyński, L. Schiller und W. Lutosławski. Es wurden damals Literarisch-Musikalische Abende veranstaltet. Nach dem Warschauer Aufstand versteckten sich hier auch W. Tatarkiewicz und J. Waldorf. Der Unterhalt von so viele Personen kostete die Iwaszkiewicz-Familie viel Geld, deswegen verkauften sie einen großen Teil ihres Vermögens.
Nach dem Krieg war Jaroslaw Iwaszkiewcz eine bekannte und geachtete Persönlichkeit. Er war mehrmals ein Gesandter zum Sejm des Volkspolens, war der Vorsitzende des Związek Literatów Polskich [Verbands der polnischen Schriftsteller] und hatte auch andere gesellschaftliche Funktionen inne. In Stawisko verbrachte das Ehepaar Iwaszkiewicz fast ein halbes Jahrhundert. Ende 1979 starb Anna. Jaroslaw folgte ihr nach knapp drei Monaten (starb am 2. März 1980).
Nach seinem Tod wurde Stawisko kraft des Testaments das Eigentum des Ministeriums für Kunst und Kultur. Das Ministerium richtete hier das Anna-und-Jaroslaw-Iwaszkiewicz-Museum. Das Museum wurde 1984 geöffnet. Es umfasst das ehemalige Landgut Iwaszkiewiczs: das Haus, ca. 18 ha des Parks und Gartens. Im Haus befindet sich eine umfangreiche Sammlung über die Iwaszkiewicz-Familie. Ca. 25 000-bändige Bibliothek, Publikationen-, Platten- und Fotosammlung, sowie ein literarisches und persönliches Archiv sind ein erträumter Arbeitsplatz für Biographen und Historiker des 20. Jahrhunderts.
Dank der Tätigkeit des Kustoden schreibt sich das Museum gut in die Landschaft der kulturellen Einrichtungen der Region, obwohl es nur über bescheidene Finanzmittel verfügt. Das Objekt ist öffentlich zugänglich. In den einzelnen Räumen gelang es, das Klima eines wohlhabenden polnischen Hauses vor einem halben Jahrhundert zu bewahren.
Das Anna-und-Jarosław-Iwaszkiewicz-Museum in Stawisko
Das Museum veranstaltet den Museumsunterricht für Schulen und einen Rezitationswettbewerb. In den Innenräumen kann man Symposien, Konferenzen und andersartige Treffen veranstalten. Es besteht die Möglichkeit Konferenz- sowie auch Esstische aufzustellen. In der Nachbarschaft des Museums kann man auch Feiern unter freiem Himmel veranstalten.