Magie auf zwei Rädern
Sobald nur die Sonne zu scheinen beginnt, tauchen auf den Straßen Masowiens Radfahrer auf. Jahr für Jahr werden es mehr davon, denn wer einmal auf das Rad steigt, der tauscht dieses nur ungern wieder gegen ein anderes Transportmittel aus. Masowien scheint die ideale Region für Fahrradausflüge zu sein – für gewöhnlich ist es hier eben, also erfordert es keine große Anstrengung, in die Pedale zu treten. Verhältnismäßig dicht ist das Netz der Bahnlinien, so dass man leicht mit dem Fahrrad sogar in die weiter entlegenen Ecken der Woiwodschaft kommt.
Von der Höhe des Sattels aus sehen Sie ein ganz anderes Masowien. Überraschend nahe an der Hauptstadt beginnt eine Landschaft von Feldwegen, bezaubernden Holhütten und mit bunten Schleifen geschmückten Kapellen. Es scheint eine völlig andere Welt zu sein, die wahnsinnig weit weg vom Trubel der Straßen und den stählern-gläsernen Wolkenkratzern ist. Sparen Sie keine Zeit bei der Erholung in einem der Geschäfte an der Straße. Beobachten Sie genau, wie nebenbei das Leben läuft. Bestimmt haben Sie vielmals Gelegenheit zu einer Unterhaltung mit einem der sympathischen Einwohner der masowischen Dörfer – auch sie fahren mit dem Rad. Wenn Sie in den Wald hineinfahren, werden Sie ebenfalls die Vorteile der zwei Räder schätzen. Das Fahrrad ist leise, also flüchten Vögel und andere Tiere erst im allerletzten Moment vor Ihnen. Vielleicht stehen Sie ja einem verwunderten Hasen Auge in Auge gegenüber, es kann sogar sein, dass Ihnen der König des Morasts, der Elch, den Weg verstellt.
Durch Wälder und Wiesen
Sie müssen jedoch keine Monotonie fürchten, da die Landschaft der Region überraschend vielfältig ist. Masowien ist vor allem ein landwirtschaftliches Gebiet. Das Mosaik der Felder wird von Kopfweiden und zwischen den Feldern wachsenden Sträuchern bereichert. Die Wälder nehmen in etwa ein Fünftel der Fläche der Region ein. Der größte Waldkomplex in Masowien ist der Kampinoski-Urwald. Hier wurde der einzige Nationalpark der Woiwodschaft angelegt. Ein Wald gleicht dem anderen nicht – obwohl in den masowischen Wäldern der von Menschenhand gepflanzte Kiefer vorherrscht, werden Sie viele Möglichkeiten haben, im Frühling an den im Mischwald blühenden Maiglöckchen zu riechen, im Herbst werden Sie die Farben des Mischwaldlaubs begeistern. In den sumpfigen Niederungen des Gebiets regieren dunkle und feuchte Erlenwälder, in den Tälern der großen Flüsse haben sich die in Europa bereits seltenen natürlichen Auenwälder erhalten.
Die masowischen Ebenen werden von Feldern mit Dünensand bereichert. Der Wind hat vielerorts beträchtliche Erhebungen aufgeschüttet. Obwohl die Ausblicke interessant sein mögen, sind Radfahrer keine großen Freunde der Dünen. Im Sand in die Pedale zu treten ist etwas für die Ausdauernden.
Ein Treffen mit der Geschichte
Halten Sie während der Ausflüge Ihre Augen weit offen. Eine kuppelförmige Erhebung zwischen den Feldern könnte eine prähistorische Burg sein. Die ersten Menschen erschienen hier etwa vor 10.000 Jahren. In Świdry Wielkie b. Otwock wurde ein großer Lagerplatz von Rentierzüchtern entdeckt. Im frühen Mittelalter bewohnte ein Stamm der Masowier das Land. Überall wuchsen zur damaligen Zeit undurchdringliche Wälder, die menschlichen Ansiedlungen konzentrierten sich an den Flussufern.
In vielen Baumgruppen erkennt man Überreste einstiger Parkanlagen wieder und findet inmitten des Grüns malerische Ruinen von Höfen und Palästen. In Masowien gibt es einige hundert davon, wovon nur ein kleiner Teil in Verwendung ist. Die Aufschriften auf den an der Straße gelegenen Kapellen und Denkmälern helfen Ihnen dabei, die Geschichte der Region zu verstehen. Die Geschichte Masowiens besteht vor allem aus aufeinander folgenden Kriegen. Die tragischsten Folgen zog die schwedische Invasion nach sich, die die Entwicklung der Region für über hundert Jahre bremste. Viele der infolge des Kriegs mit den Schweden heruntergekommenen Städte erlangte nie wieder seine einstige Herrlichkeit. Im 19. Jahrhundert rollten mehrere nationale Aufstände durch Masowien. Im Rahmen der Repression nach dem Januaraufstand wurden vielen masowischen Städten die Stadtrechte genommen. Manche von ihnen erlangten sie nie zurück. Zwei Weltkriege haben ebenfalls stark das Antlitz des Landes geprägt, indem sie viele Schlachtfelder und Friedhöfe hinterlassen haben. Die Zeit läuft unaufhaltbar nach vorne. Aus der Landschaft verschwinden langsam die strohbedeckten Hütten und den Pflug ziehende Pferde werden zur Seltenheit. Auf den Seitenstraßen Masowiens scheint die Zeit langsamer zu vergehen. Es lohnt sich, den Zauber der masowischen Dörfer und Städtchen kennen zu lernen, bevor sie unwiderruflich ihr Antlitz ändern.
Auf dem Weg und querfeldein
Masowien verwöhnt die Radfahrer nicht mit einem dichten Netz an gekennzeichneten Routen, aber die Situation wird Jahr für Jahr besser. Eine Schlaufe, die über hundert Kilometer zählt, führt um den Kampinoski-Urwald herum. Das Netz an Anschlusswegen verbindet die Hauptschlaufe mit vielen Bahnstationen und größeren Orten. Neue Wege werden aus der Initiative der Fahrradfreunde selbst heraus gekennzeichnet. Man findet sie bei Łochów, Wołomin und im Kozienicka-Urwald.
Immer klarer kristallisieren sich die Pläne der Anbindung des polnischen Gebiets an die allgemeineuropäischen EuroVelo-Fahrradwege heraus. In Masowien werden sich zwei transeuropäische Wege kreuzen: EV2, der aus dem irländischen Galway – durch London, Berlin, Warschau und Mińsk – nach Moskau führt sowie EV11, der auf dem am nördlichsten gelegenen Kap Europas beginnt und – durch Helsinki, Vilnius, Warschau und Koszyce – nach Griechenland führt. Unweigerlich wächst zusammen mit dem Bau dieser Routen der Standard der Fahrradausflüge in der Region. Mit Sicherheit werden auch mehr von den angenehmen Asphaltwegen angelockte Radfahrer kommen.
Bevor man aufbricht
Es lohnt sich, an die Mitnahme einiger Kleinigkeiten zu denken. In einen nicht allzu großen Rucksack sollte man zumindest einen halben Liter Wasser und einen Snack einpacken. Man weiß nie, wie weit vom nächsten Geschäft entfernt einen der kleine Hunger packt. Das Wetter ist oft veränderlich, also ist auch eine Regenjacke nützlich. Noch ein bescheidenes Verbandskästchen – es reichen ein paar Pflaster und ein Mittel zur Wunddesinfektion. Dank einer Karte kommen Sie selbst aus der wildesten Einöde wieder nach Hause. Uff, jetzt reicht es aber wieder. Zeit, sich um sein Fahrrad zu kümmern. In der Pflichtausrüstung sollten sich grundlegende Schlüssel, ein Kettenbinder, Reifenheber, eine Pumpe sowie ein Ersatzschlauch befinden. Darüber hinaus lohnt es sich auch, eine Rolle Isolierband und ein kleines Flicken-Set einzupacken. Wenn eine Gruppe fährt, reicht ein Werkzeug-Set aus. Nur einen Schlauch sollte jeder für sich mithaben, da die Natur boshaft ist und wenn sie schon mal durchlöchert, dann alles auf einmal.
Setzt man sich auf das Fahrrad, darf man nicht vergessen, einen Helm anzulegen. Diese „Styroporkappe” kann Ihnen das Leben retten.
Fahrradjahr
Es lässt sich nicht leugnen, dass Fahrradfahren eine saisonabhängige Freizeitbeschäftigung ist. Im Winter, selbst wenn es keinen Schnee gibt, machen nur die leidenschaftlichsten Radfahrer Ausflüge. Im frühen Frühling, kann die Schneeschmelze manche Wegfragmente überschwemmen. Statten Sie Ihr Fahrrad in ein ordentliches Schutzblech aus und vermeiden Sie eher lehmigen Untergrund. Die angenehmste Zeit für Fahrradausflüge beginnt mit dem langen Mai-Wochenende. Im Frühling sprießt in den Wäldern und Wiesen das Leben. Nehmen Sie ein Vogelbuch mit. Sie werden sehen, wie viele Arten Sie während nur eines Ausflugs erkennen werden. Im Hochsommer ist die sengende Hitze manchmal nicht auszuhalten. Denken Sie an einen großen Flüssigkeitsvorrat. Versuchen Sie auch, Ihre Route so zu planen, dass Sie eine Gelegenheit zum Baden finden. Im Herbst sind die Tage kürzer, also können auch die Ausflüge nicht zu lang sein. Bunte Blätter und Felder von lila Flieder können die Wege, die Sie in anderen Jahreszeiten nicht nur einmal gefahren sind, bis zur Unkenntlichkeit zu verändern.